Bundesgerichtshof setzt klares Zeichen für mehr Barrierefreiheit

mehrstockige Wohnhäuser; im Hintergrund ist die Stadt zu erkennen.
Häuserzeile mit mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäuser in einer Stadt
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Der Bundesgerichtshof (BGH) sagt „Ja“ zum nachträglichen Einbau eines Außenaufzuges am Hinterhaus eines denkmalgeschützten Altbaus in München sowie eine Rampe zur Terrasse einer Wohnanlage in Bonn. Mit diesen zwei Entscheidungen (Az: V ZR 244/22 und V ZR 33/23) setzt der BGH ein klares Zeichen für mehr Barrierefreiheit beim Wohnen. Ein echter Meilenstein, den es zu feiern gilt!

Vorfahrt für Barrierefreiheit

Die Richter verwiesen auf eine Reform des Wohnungseigentumsrechts vor wenigen Jahren. Danach kann jeder Wohnungseigentümer (auf eigene Kosten) angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die Menschen mit Behinderungen helfen, eine Wohnung entsprechend nutzen zu können. Mit der Reform sollte es Menschen mit Behinderungen leichter haben, eine vorhandene Wohnung bzw. der Zugang zu selbiger barrierefreier zu gestalten. Der Gesetzgeber wollte, dass Miteigentümer dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht verhindern können. Aufgabe der Gerichte es sei, den Willen des Gesetzgebers umzusetzen.

Wenn ein Stein ins Wasser fällt …

… zieht er Kreise. Die beiden Urteile des BGH wirken weit über die beiden verhandelten Einzelfälle hinaus. Davon bin ich überzeugt. Und das ist gut so. Es geht um Selbstbestimmung. Jede und jeder soll wohnen, wo sie und er es will. Da ist das alt gewordene Ehepaar, das seit den 1980er Jahren in einem Hochhaus mit Aufzug wohnt – aber von der Haustür zum Aufzug sind sieben Stufen zu überwinden. Und aufgrund eines Schlaganfalls ist ein Ehepartner auf einen Rollstuhl angewiesen – und kann die Wohnung nicht mehr alleine verlassen. Sieben Stufen sind einfach sieben Stufen zu viel. Oder die junge Frau, die als Folge eines schweren Unfalls gelähmt ist und nach dem Krankenhausaufenthalt nicht mehr in ihre Wohnung in der dritten Etage – ohne Aufzug – zurückkann. Umziehen? Nahezu aussichtslos, denn barrierefreie Wohnungen sind fast so selten wie der berühmte Sechser im Lotto.

Mögen die beiden Urteile des BGH endlich ein Umdenken bewirken! Wir brauchen den Abbau von Barrieren bei bestehenden Wohnungen. Wer meint, den Bedarf an barrierefreien Wohnungen nur durch neugebaute Wohnungen zu decken, irrt. Die Nachfrage steigt täglich – allein durch die Babyboomer, die bald in Rente gehen. Der BGH hat ein klares Zeichen gesetzt – und da gibt es kein Zurück!

Die Entscheidungen des BGH sind nachzulesen unter https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/2024026.html;jsessionid=84A5A7C5A0528D94DBBFE025E4D75B45.internet012?nn=10690868